Um sich Anregungen für den Entwurf der sechsunddreißig Trachten zu holen, hatte sie ausgiebig ins hauseigene Archiv geblickt. Das Ergebnis war provokativ und verspielt zugleich, und zwar ein Spagat zwischen Fragilität und Quasi‑„Hardcore“. Seide, Tüll, Spitze, Aluminum und Perlen gingen eine dramatische Verbindung bei Büstenhaltern, Bustiers und konischen Korsetts zu Schuhen mit hohen Absätzen ein. Für Simone Rocha bedeuteten Rosen eine Lebenslinie, Bänder und Schleifen eine Blutbahn sowie Kleider Weiblichkeit schlechthin. Rüschen kamen hinzu. Am 24. Januar 2024 betraten einige Mannequins mit einer Aluminiumrose in der Hand den silberfarbenen Laufsteg im Modehause. Es war Koketterie par excellence.
Am gleichen Tage präsentierte Pierpaolo Piccioli, der kreative Leiter des Modehauses „VALENTINO“, die Kollektion „Le Salon“ im Hôtel Delpech de Chaumot, wo die Devise lautete: „Es ist ein Ort, der neu erweckt wurde, um Schönheit zu erleben und so Menschlichkeit zu erfahren.“ Die Kollektion, eine neoklassizistische Annäherung an den Existenzialismus, stand für menschlichen Einfallsreichtum als Triebfeder des Fortschrittes. Am Ende der Modenschau erhielten Antonietta De Angelis, Floriana Livrieri, Alessandra Martini, Irene Stranieri, Debora Zampa und Laura Dalla Valle als Leiterinnen der sechs traditionsreichen Ateliers des Haute‑Couture‑Hauses verdienten Beifall für die Stoffarbeiten, welche am Körper wie Schmuckstücke wirkten. Es handelte sich um dreidimensionale Rosenapplikationen, metallische Blütenblätter, eingedrehte Lederspiralen, florale Spitzenschleier und verspielte Organzadornen. Mit bestimmten Techniken behandelte Stoffe imitierten exotische Häute, weiche Pelze und flattrige Federn. Unzählige Arbeitsstunden hatten ein senfgelber Mantel aus Mohairwolle, ein rosa Bustierkleid aus Portefeuille, ein Kleide aus Tülle, Seidenkreppe und Seidengazar mit Intarsien aus Chantilly-Dentelle-Spitze sowie eine malvenrote Weste erfordert. Stoff in einer Länge von 87 Metern stak in einem Umhange mit roten Seidenrosen.
In Mailand folgten die kreativen Köpfe Miuccia Prada und Raf Simons ihrer Faszination für Geschichte und zeigten anhand der Prêt‑à‑porter-Kollektion für den Herbst und Winter 2024/2015, daß sich aus der Vergangenheit etwas Neues für die Zukunft schaffen läßt, und zwar durch eine Verbindung der Bekleidungsmode und der Geschichte; mit historischem Wissen und geprägten Erinnerungen versteht man die Bezüge von Kleidungsstücken zu verschiedenen Epochen und anderen Zeiten. Die Kollektion, eine „Romanze mit der Vergangenheit“, sollte mehr eine emotionale Reaktion auf immer noch bestehende Schönheitsideale denn eine intellektuelle Betrachtung sein. Das Ambiente der Modenschau im Hause der „PRADA“‑Stiftung am 22. Februar 2024 gab den Widerspruch zwischen dem menschlichen Leben in geschlossenen Räumen und der angeborenen Verbindung zur Natur wieder.
Für das Modehaus „GUCCI“ bediente sich der kreative Leiter Sabato de Sarno außergewöhnlicher Blickwinkel, um seine Träume lebendig werden zu lassen. Ein weiter Mantel mit Rückenverschlusse statt Knopfleiste ersetzte den schlichten Mantel in gerader Linie seiner Debütkollektion. Für ein Transparenzspiel gab es Kleider aus Samt und Spitze mit Stickereien. Pailletten und Kristallfransen bereicherten Strickkleider in Maxilänge. Senfgelb, Khaki und Burgunderrot waren die besonderen Töne einfarbiger Trachten. Für den Kontrast gab es dann Accessoires; zwei Bambusgriffe machten eine Beutelhandtasche zur Besonderheit unter den Handtaschen, während Azetatsonnenbrillen in Katzenaugenform „Retro“‑Flair aufkommen ließen. Reitstiefel als Verweis auf die Verbindung der Marke zur Welt des Reitsports erlebten sowohl in Kniehöhe als auch in darüber hinausgehender Höhe, und zwar nicht nur in schwarzer Farbe, am 23. Februar 2024 in der ehemaligen Mailänder Fabrikhalle der Fonderia Carlo Macchi S. A. S. eine Rückkehr.